Liebe Europäer*innen, Die gute Nachricht vorab. Die Europäische Union gibt grünes Licht für den Start von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine. Das ist ein historischer Erfolg und ein wichtiges Zeichen für die Ukrainerinnen und Ukrainer. Auf dem EU-Gipfel vergangene Woche einigten sich die EU-Staats- und Regierungschefs einstimmig auf diesen Schritt. Einstimmig? Nun ja, nicht ganz. Ungarns Premierminister Viktor Orban hatte vor und auch auf dem Gipfel mehrfach bekräftigt, dass er gegen Beitrittsverhandlungen und auch gegen EU-Finanzhilfen sein Veto einlegen werde. Zustande kam der Beschluss für die Beitrittsverhandlungen, weil Viktor Orban für die entscheidende Abstimmung vor die Tür geschickt wurde. Sein Veto gegen die Finanzhilfen hielt er weiter aufrecht. Das größte Schmiergeld der EU-Geschichte Hat sich die EU nun durchgesetzt und den ewigen Quertreiber Viktor Orban endlich in die Schranken gewiesen? Leider nicht. Dieser EU-Gipfel kommt abermals einem Einknicken von EU-Kommission und Mitgliedstaaten vor dem ungarischen Regierungschef gleich. Denn der hatte bereits einen Tag vor Beginn des Gipfels das bekommen, worauf es ihm eigentlich ankam: 10,2 Milliarden Euro EU-Geldern. Trotz weiterhin bestehender, gravierender Mängel im Justizbereich und unzureichender Umsetzung von Reformen hatte die EU-Kommission nur Stunden vor dem Europäischen Rat eine riesige Summe für Ungarn im Eilverfahren losgeeist. (Warum die ungarischen Reformen unzureichend sind, könnt ihr HIER und HIER nachlesen.) Kurz gesagt: Ursula von der Leyen bezahlte das größte Schmiergeld in der EU-Geschichte. Wenn Orban Milliarden für sein Veto bekommt, benutzt er es immer wieder Nun mag man argumentieren, dass es der EU durchaus 10,2 Milliarden Euro wert sein dürfte, um der Ukraine diesen historischen Schritt zu ermöglichen. Aber es hätte auch andere Wege gegeben, Viktor Orban zum Einlenken zu bewegen. Denn wir wissen, was mit diesen 10 Milliarden passiert. Ein erheblicher Teil des Geldes droht in die Korruption des Orban-Regimes zu versickern und für Machterhalt und Demokratie-Abbau missbraucht zu werden. Zudem ist es ein fatales Signal, dass die EU-Kommission den wichtigen Geld-Hebel zur Durchsetzung Europäischer Werte hier einfach fallen lässt. Und damit ist es noch nicht getan: Viktor Orban hat bereits angekündigt, dass er für das Fallenlassen seines Vetos gegen die Finanzhilfen für die Ukraine auf die Freigabe weiterer 20 Milliarden Euro auf dem nächsten EU-Gipfel im Januar 2024 pochen wird. Die Lehre aus diesem Gipfel ist: Wenn man Viktor Orban Geld für sein Veto gibt, dann werden es immer noch mehr Vetos und seine Geld-Forderungen gehen hoch. Die Erpressung geht immer weiter. Druck aufbauen statt Geldgeschenke Die 10-Milliarden-Zahlung scheint ein einfacher Weg gewesen zu sein, um Orban auf Linie zu bringen. Aber sie war falsch. Andere Werkzeuge, um Orban unter Druck zu setzen, wurden sträflich vernachlässigt: Man kann Orban per Artikel-7-Verfahren das Stimmrecht entziehen. Man müsste ihm alle EU-Gelder einfrieren - da alle Gelder von Korruption bedroht sind. Man kann ihm die Ratspräsidentschaft im kommenden Jahr entziehen. Für all das gibt es eine rechtliche Grundlage. Für all diese Forderungen gibt es Unterstützung aus dem Europäischen Parlament. Nichts davon ist passiert. Im Gegenteil: Die EU-Kommission hat uns gegenüber jüngst sogar zugegeben, dass sie bereits erste Vorbereitungstreffen mit der ungarischen Ratspräsidentschaft durchgeführt hat. Der Autokrat Viktor Orban hat also schon jetzt maßgeblichen Einfluss auf die Agenda der Europäischen Union im kommenden Jahr. Der Kampf des Europaparlaments geht weiter Im Europäischen Parlament wird der Kurs von EU-Kommission und Mitgliedstaaten vis-a-vis Orban nicht mitgetragen. Die größten pro-europäischen Fraktionen sind sich einig, dass die ungarische Regierung die Bedingungen für eine Auszahlung der EU-Gelder nicht erfüllt. Schlimmer noch: Der Rechtsstaatsabbau in Ungarn schreitet weiter im Eiltempo voran. Im Dezember hatte das ungarische Parlament ein neues Gesetz verabschiedet, mit dem die staatliche Drangsalierung von freien Medien und Opposition de facto legalisiert wird - in der gleichen Sitzung also, in der sie auch die Justizreformen abgestimmt hatten, um an EU-Gelder zu kommen. Wir werden diesen Zuständen nicht tatenlos zuschauen und weiter mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln dafür kämpfen, dass Europas Werte geschützt werden. Daniel
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